Franziska Donner & Syngman Rhee

Soonae Lee-Fink über ihre Idee ein Buch über Franziska Donner Rhee zu schreiben

Die Liebe zu meinem Mann, den ich in Malaga kennengelernt hatte, führte mich einst nach Österreich, wo ich noch heute, nach dem Tod meines Mannes, lebe. Auch Franziska Donner führte die Liebe zu ihrem Mann, dem sie in Genf begegnet war, ins Ausland, in ihrem Fall nach Korea. Dort starb sie im Alter von 92 Jahren im Kreis ihrer neuen koreanischen Familie, fast 30 Jahre nach dem Tod ihres Mannes.
Es erschien mir immer als eine Fügung des Schicksals, dass die Geschichte einer in Korea lebenden Österreicherin für eine in Österreich lebende Koreanerin zu einer Herzensangelegenheit werden sollte. Das Leben der Franziska Donner ist die berührende Geschichte einer großen Liebe zwischen zwei Menschen, die ausgesprochen unterschiedlichen Kulturen entstammten und sich dennoch, allen Schwierigkeiten zum Trotz, inniglich liebten.

Dass Franziska als Francesca Donner-Rhee an der Seite ihres Mannes Syngman Rhee zur ersten First Lady Koreas werden würde, war ihr nicht in die Wiege gelegt. Als sie einander im Genf der 1930er Jahre kennenlernten, konnte man die Wahl Rhees zum ersten Präsidenten Koreas, selbst nach dem Abzug der japanischen Truppen, nur als unwahrscheinlich bezeichnen. Dennoch glaubte Syngman Rhee über Jahrzehnte unerschütterlich daran, dass seine Heimat Korea eines Tages wieder frei sein würde.

Die Geschichte Koreas und die teils schwer durchschaubare Politik unterschiedlicher Parteien und Interessensgruppen sollen nicht das Thema dieses Buches sein. Fast 30 Jahre nach ihrem Tod und ein halbes Jahrhundert, nachdem Syngman Rhee im Exil an ihrer Seite verstarb, inspiriert mich das Leben der Franziska Donner und die Liebe zu ihrem Mann nach wie vor. Von ihr soll dieses Buch handeln.

Sie gab buchstäblich alles auf, um ihrer Liebe zu folgen und verzichtete auf eine gesicherte Existenz, um bei ihrem Mann zu sein. Als First Lady beeinflusste Franziska die strenge Etikette der koreanischen Gesellschaft durch ihren eigenen Stil, was unter anderem zur Folge hatte, dass Rhee oftmals Spott seiner Gegner erntete, weil er offensichtlich auf seine Frau hörte. Für das Korea der 1940er und 1950er Jahre kam das fast einer Revolution gleich. Dabei galt Franziskas Sorge stets nur ihrem Mann, den sie sicher durch das Leben begleiten wollte, was sie auch bis zu seinem Tod im Exil mit Hingabe tat.

Danach war sie einige Jahre auf der Suche nach einem neuen Leben, verbrachte eine kurze Zeit in Österreich, fand letztlich aber erst in Korea im Kreis ihrer koreanischen Familie eine Heimat, wo sie ihre letzten zwei Lebensjahrzehnte als Koreanerin verbrachte. Gemeinsam mit ihrem Adoptivsohn und dessen Frau versuchten sie, die Erinnerung an Syngman Rhee zu pflegen, was ihnen nicht immer leicht fiel. Syngman Rhee wird in der Geschichte Koreas selten ein Ehrenplatz zugewiesen. Er galt als Diktator und seine Regierungszeit als eine, die von Korruption gekennzeichnet war, wobei ihm mit einer solchen Beurteilung meines Erachtens unrecht geschieht. Rhee ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass heute ein freies, demokratisches Südkorea existiert. Seiner Beharrlichkeit ist es geschuldet, dass Korea das Schicksal Vietnams erspart geblieben ist. Er saß mit seinen Ansichten sehr oft sinnbildlich zwischen allen Stühlen, zwischen den rivalisierenden politischen Strömungen in Korea und den geopolitischen Interessen anderer Staaten.

In meinem Buch lernen wir die private Seite des Politikers Syngman Rhee kennen, die eines liebenden Mannes, der, ebenso wie Franziska, kulturelle Grenzen überschreiten musste, um der Liebe seines Lebens gerecht zu werden. Sie richtete ihm in ihrem ehemaligen Wohnhaus in Seoul ein Museum ein und errang Respekt und Anerkennung für ihr aus koreanischer Sicht traditionelles und bescheidenes Leben, das sie als Witwe führte.

Mein Wunsch ist es, jener außergewöhnlichen Frau mit diesem Buch einerseits ein kleines Denkmal zu setzen und dadurch beizutragen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät, und andererseits durch die Schilderung ihrer Geschichte die Verbindung zwischen meiner alten und meiner neuen Heimat, zwischen Korea und Österreich, zu verdeutlichen.


Mein Buch ist ein Roman, der auf der historischen Figur der Franziska Donner beruht. Die Tagebücher, die sie geführt hat, sind nach ihrem Tod einem Wasserschaden in ihrem Wohnhaus in Seoul zum Opfer gefallen und sind damit unwiederbringlich verloren. Daher exisitieren in Bezug auf etliche ihrer Lebensabschnitte weder Dokumente noch Zeitzeugen, weshalb ich im Namen der schriftstellerischen Freiheit einige fiktionale Details hinzugefügt habe. Auch die Dialoge entspringen in der Form, in der ich sie in diesem Buch schildere, meiner Vorstellung von einzelnen Szenen aus dem Leben der Franziska Donner. Bei meinen Recherchen habe ich entdecken müssen, dass es nur wenige Dokumente über Franziska gibt. Auch war ihre österreichische Familie, deren Mitglieder heute in Österreich, in den USA und in Kanada leben, an einer Erzählung über Franziska nicht interessiert, teilweise lehnten sie sogar jeglichen Kontakt ab. Das ist unter anderem bedauerlich, weil Franziska mit ihrer Schwester jahrelang einen ausführlichen Briefverkehr pflegte. Dieser Briefverkehr und der Grund, warum die Familie jeden Kontakt unterbindet, bleiben für mich vorläufig ein Rätsel, ein Geheimnis.

Aus diesen Gründen kann das Buch nicht als Biografie, oder das, was wir heute darunter verstehen, betrachtet werden, sondern als persönliche Schilderung der Geschichte einer sehr starken Frau an der Seite eines sehr starken Mannes und deren Liebe zueinander. So wie ich meine Tagebücher schreibe, so habe ich auch diese Geschichte verfasst. Die Geschichte der Francesca „Franziska“ Donner-Rhee, der ersten First Lady Koreas.

Soonae Lee-Fink, Oktober 2022

P.S.: Das Buch ist vor etlichen Jahren in Korea erschienen und hat beim historisch interessierten Publikum großes Interesse hervorgerufen. Die längst überfällige Übersetzung ins Deutsche habe ich kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie angefertigt. In der Zwischenzeit hatte ich den Filmproduzenten und Autor Wolfgang Ritzberger kennengelernt, der ein Drehbuch über Franziska Donner schreiben wollte. Gemeinsam beschlossen wir, die Übersetzung literarisch zu überarbeiten, um das Buch auch auf Deutsch heraus bringen zu können.

Besonders erfreut bin ich darüber, dass wir das Korea Kulturhaus Österreich in Wien als Herausgeber für dieses Buch gewinnen konnten und es mit der Unterstützung des Botschafters der Republik Koreas im Oktober 2022 aus Anlass des 130-Jahr-Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Korea und Österreich vorgestellt werden konnte.

Das Buch ist ein Beitrag zur Vertiefung der kulturellen Kontakte zwischen den beiden Ländern und eine Erinnerung an Franziska Donner, die dieser Beziehung durch ihr historisches Wirken und ihren Lebensweg eine sehr persönliche Note hinzugefügt hat.

Hochzeitsfoto von Franziska Donner & Syngman Rhee

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