Leseprobe: Kapitulation Japans

Leseprobe: Kapitulation Japans

Wir haben heute einen exklusiven Ausschnitt für euch aus unserem fesselnden historischen Roman "Franziska Donner - Erste 'First Lady' Koreas". Taucht ein in die bewegende Geschichte und lasst euch von der Vergangenheit verzaubern.
In dieser Leseprobe erlebt ihr den historischen Moment, als Japan bedingungslos kapituliert und die Freiheit Koreas in greifbare Nähe rückt. Begleitet Fanny und Syngman Rhee auf ihrem Weg durch diese turbulenten Zeiten:
Der 15. August 1945 sollte Fanny für immer im Gedächtnis bleiben. Bereits vor Einsetzen der Morgendämmerung wachte sie von Radiogeräuschen auf. Offenbar wurde eine Nachricht verlesen. Ihr Mann saß hellwach vor dem Gerät und hörte aufmerksam zu. Fanny richtete sich im Bett auf und knipste die Nachttischlampe an. Irgendetwas Besonderes musste passiert sein. Sie konnte einzelne Wörter wie „Tokio“ und „Kapitulation“ heraushören, der Rest war für sie unverständlich. „Darling, welche Sprache ist das?“ Syngman sah sie mit abwesender Miene an: „Liebling, habe ich gerade richtig gehört?“ Es war nicht die Antwort auf ihre Frage. „Was hat er gesagt?“ „Japan hat bedingungslos kapituliert!“ „Was? Japan hat kapituliert?“ „Bitte sag mir, ob ich träume. Ich kann es nicht glauben. Ich hoffe, das ist kein Traum!“ Fanny kniff ihn in den Unterarm. „Gut, ich bin wach! Das ist kein Traum ... Kaiser Hirohito verliest gerade im Radio die Kapitulationserklärung. Auf Japanisch, für sein Volk!“ „Das ist ja unglaublich! Das bedeutet, Korea ist frei!“ Aber Syngman sah nicht froh aus. Seine Stimme war gedrückt. „Das kommt zu früh, sie kapitulieren zu früh.“
Syngman wischte sich mit dem Ärmel ein paar Tränen aus dem Gesicht. „Unsere Armee ist schon lange auf diesen Tag vorbereitet. Sie wartet auf den Tag, an dem wir gegen Japan kämpfen können. Aber die Japaner haben sich zu früh ergeben.“ „Oh, Liebling. Hauptsache‚ sie haben kapituliert. Es ist der Tag, auf den du seit Jahrzehnten sehnlichst gewartet hast!“ Syngmans Augen waren blutunterlaufen. „Ja, das ist der Tag, auf den ich gewartet habe!“ Er stand mit bloßen Füßen auf dem Boden und rief leidenschaftlich: „Hurra! Hurra! Hurra!“ Jetzt stimmte auch Fanny in seinen Jubel mit ein: „Ein dreifaches Hurra auf unsere Republik Korea!“ Sie schrien und umarmten sich und weinten wie Kinder. Syngman stellte sich vor, welche Szenen sich jetzt in Seoul abspielten. Vor seinem inneren Auge sah er die niedrigen, mit Stroh bedeckten Häuser und die engen Gassen. Diese füllten sich mit jubelnden Menschen, bekleidet mit ihren traditionellen Hanboks, in ihren Händen die Nationalfahne schwenkend. Er glaubte ihre Jubelgesänge und ihr lautes „Hurra“ zu hören. Plötzlich unterbrach Fanny ihn in seinen Gedanken: „Liebling, ich höre Rufe, es kommt von der Straße herauf.“ „Wirklich?“ Jetzt hörte es auch Syngman. Ohne zu zögern, lief er im Schlafanzug hinaus.
Auf der Straße standen zwei Männer in der Dunkelheit und jubelten. Es waren Dr. Jung und Oberst Rim, beides Mitglieder der koreanischen Kommission. „Herr Dr. Rhee, haben Sie die Nachricht auch gehört?“ Die drei umarmten sich, dann erklärte Dr. Jung: „Nachdem ich die Radiomeldung gehört habe, bin ich schnell ins Büro gelaufen und habe dort Oberst Rim getroffen. Er sagte, dass wir ihnen die Nachricht mitteilen sollten. Aber Sie wissen ja schon Bescheid.“ „Ja, so ist es. Aber trotzdem, vielen Dank!“ Ein Nachbar öffnete das Fenster und sah neugierig zu ihnen herunter. Es war noch vollkommen dunkel. „So lasst uns ins Haus gehen, wir versetzen noch die ganze Nachbarschaft in Aufruhr.“ „Jawohl, Dr. Rhee.“ Im Wohnzimmer tischte Fanny ihnen Tee auf. „Die Kapitulation Japans ist großartig. Aber sie ist für mich völlig unverständlich“, wunderte sich Syngman. „Es passt nicht zu den Japanern, dass sie wegen zwei Atombomben aufgeben. Bis jetzt pflegten sie das Motto ‚Kampf bis in den Tod‘.“ Oberst Rim erklärte: „Der Tenn hat so entschieden, weil die Rote Armee Japan den Krieg erklärt hat.“ „Was sollen wir unternehmen? Unsere Armee steht in China für die Landungsoperation auf der koreanischen Halbinsel bereit. Sie wartet nur auf den Marschbefehl.“...
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